Leidenschaftlich, roh, ergreifend – This Bitter Earth erzählt die Geschichte einer Liebe zwischen zwei Männern, die zwischen persönlichem Glück und gesellschaftlichem Umbruch stehen. Jesse, ein schwarzer Schriftsteller, und Neil, ein weißer Aktivist, kämpfen mit den Widersprüchen von Privileg, Protest und Identität. Wie viel hält eine Liebe aus, wenn die Welt um sie herum in Flammen steht? Und was bedeutet es, sich wirklich zu positionieren?
In der mitreißenden und kraftvollen deutschen Erstaufführung stehen Benjamin Martins (First Steps Award-Gewinner, Filmemacher, Schauspieler) und Leandro Labantey (Rapper, Singer-Songwriter, Schauspieler) gemeinsam auf der Bühne. Martins zeichnet zudem für die Übersetzung verantwortlich – ein echter Glücksgriff für diese brisante Inszenierung. Pulsierendes Theater voller Emotionen, Wucht und brennender Aktualität – intensiv, berührend, unverzichtbar! Ein Abend, der lange nachhallt.
Das Theater am Puls lädt zu einem Abend ein, an dem wir ZuschauerInnen sowohl zuschauen als auch einem Thema in uns begegnen. Wir lauschen, erleben eine Inszenierung einer Themenvielfalt und werden tief in uns berührt und gemeint. Das Thema, das so sensibel inszeniert, bewortet, bebildert ist, heißt: Schwarz/Weiß, Homosexualität/Heterosexualität, Welterleben/Herzlebendigkeit, Außen/Innen, dunkel/bunt … Es begegnet uns in Kontrasten, wie sich die Welt , in der wir leben, so häufig zeigt. Darin richten sich zwei Männer, die sich lieben, ein.
Sie sind berührt von dem, was um sie herum passiert, was sie – jeder auf seine Weise – bis ins Herz einladen, denn sie leben, werden berührt und finden in „Take care of your blessings / Sei gut zum Guten in dir“ zueinander. Da leben sie zusammen, zwei Berührte, deren Ausgangslage nicht unterschiedlicher sein kann. Schwarz/Weiß, reich/arm, denn sie kommen aus der Welt, dem Leben in New York, dort, wo im 21. Jahrhundert der Mord an Menschen mit dunkler Hautfarbe nicht gesühnt werden muss.
Das Außenleben strömt ins Herz. Dann droht die Liebe auf dem Altar der Welt auszubluten. Wenn zwei sich lieben, hüten sie einen Ort, an dem nur ihre Liebe ist und gehegt, gepflegt und geschützt wird. Auch wenn der Ort klein ist. Das Außen muss draußen bleiben. Wir alle kennen das. Wieviel ICH kann ich dem DU zumuten? Wenn ich mich ganz und gar lebe und das Du tut dies auch, müssen wir schauen, ob wir uns dem WIR noch zuwenden, es schätzen, pflegen, lieben wie es das braucht, um sein zu können.
Schon sind wir nicht mehr Zuschauende, sondern Gemeinte, Berührte. Schon betrifft das Stück uns, unser Leben und Lieben.
Auf der Bühne zeigt sich das Leben in Blitzlichtern, im Rahmen der Erinnerungen gehalten. In uns ist das ebenso. Wir hüten Bilder, Blitzlichter der Berührung und schauen sie aus dem Jetzt an. „Die einzige Welt, in der ich leben kann, ist das Hier und Jetzt.“ Und auch ganz wichtig: „Das Leben ist ein Geschenk!“. Auch wenn es aus der Balance geraten ist, wenn die Haut zwischen Außen und Innen bebt und wir das Drehen der Erde im eigenen Körper fühlen, ist es das.
In jedem Fall werden wir alle berührt – nicht zuletzt von der Virtuosität der Schauspieler, Leandro Labantey und Benjamin Martins, und der tiefen, bedachten, sehr sparsamen Inszenierung von Joerg Steve Mohr. Ein Theaterbesuch, der das Herz berührt, zum Denken anregt – bei aller Liebe!
Samiya Bilgin